Jeden Freitag morgen hatte Anton Bauchschmerzen, weinte und konnte nicht zur Schule gehen. In diesem Schuljahr stand bei Anton freitags das Schulschwimmen auf dem Stundenplan. Partout wollte er dort nicht hin.
Er hasste den Schwimmunterricht und hatte richtig Angst, am meisten vor dem Tauchen und Springen. Die Lehrerin sagte jedoch, dass er hier tauchen und springen muss. Antons Angst nahm sie nicht wahr.
Zu jener Zeit war Anton erst einige Wochen gemeinsam mit seiner Mutter oder seinem Vater in meinem Schwimmkurs. Die Eltern ahnten schon, dass sich das Schulschwimmen zu einem Problem entwickeln könnte und wünschten sich, dass Anton vor dem Schulschwimmen noch etwas mit dem Wasser vertraut werden könne.
Dass das Schulschwimmen für Anton eine so schlechte Erfahrung wird, hatten sie jedoch nicht gedacht.
Kulturgut Schwimmen
In den Rahmenplänen der Schulen ist das Schulschwimmen in allen Bundesländern vorgesehen. Sicheres Schwimmen können stellt ein wichtiges Kulturgut dar und ist für den Schüler oder Schülerin als motorische Basiskompetenz zu verstehen (1).
Jedoch: mehr als die Hälfte der Zehnjährigen sind keine sicheren Schwimmer (2). Abhängig vom Stadtteil und dem Anteil von Migranten kann der Anteil der Nichtschwimmer in einer zweiten Klasse bis zu 80% betragen (3).
Schulschwimmen: für den einen Freude, für den anderen großes Leid
Wer bisher noch keine oder sehr wenige Erfahrungen im Wasser sammeln konnte und noch nicht sicher schwimmen kann, dem kann die Freude am Wasser durch das Schulschwimmen regelrecht vermiest werden.
Der strenge Ton, Zwang und Druck durch überforderte Lehrer:
Dinge tun zu müssen, zu denen dein Kind innerlich noch nicht bereit ist, hinterlässt Spuren.
Viele Erwachsene können sich noch nach vielen Jahren haargenau an einzelne Situationen erinnern, die sicher nicht zu den schönsten Erlebnissen ihrer Schulzeit gehören.
Das höre ich in meinen Kursen immer wieder.
Das Schlottern im kalten Wasser, der Lärm und das langweilige Bahnenschwimmen gehören noch zu den harmlosen Erinnerungen. Wer sich nicht ins Becken traute, wurde reingestoßen.
Wenig einfühlsame Lehrer oder Lehrerinnen arbeiten auch noch heute nach Methoden aus Kaisers Zeiten. Kinder werden gezwungen zu tauchen, zu springen oder im tiefen Wasser zu schwimmen.
Als Angsthase will ja auch niemand dastehen.
Dein Kind hat dann zwei Möglichkeiten:
Entweder es kooperiert und tut Dinge, vor denen es Angst hat.
Oder es sagt nein und riskiert, als Außenseiter dazustehen.
Beides hinterlässt Spuren.
Gerade diese Woche erzählte mir eine Mutter aus meinem Kurs, dass ihre Tochter für das Schulschwimmen einen neuen Namen erfunden hätte: Zwingschwimmen (Das Mädchen geht trotzdem gerne hin. Glück gehabt!).
Pädagogisches Geschick und moderne Konzepte des Schwimmenlernens: Fehlanzeige!
Kein Wunder, warum der Schwimmunterricht in der Grundschule vielen Kinder Bauchschmerzen bereitet.
Schnell landet ein Kind auch mal in der falschen Gruppe und kein Lehrer erkennt, dass das Kind dort nicht gut aufgehoben ist. Traut es sich nicht, etwas zu sagen, wird es sich mit der Über- oder Unterforderung abfinden müssen.
In den älteren Jahrgängen sorgt eine schlechte Note nach 800 Meter Dauerschwimmen schnell für Frust, wenn dein Kind zwar die Strecke geschafft hat, aber nicht schnell genug war.
Das Schulschwimmen kostet viele Kinder große Überwindung
Was bleibt zurück?
Schlechte Erfahrungen beim Schulschwimmen wirken sich oft ein Leben lang auf das Verhältnis zum Wasser aus.
Während einige sich mit den furchtbaren Erinnerungen an das Schulschwimmen ausgesöhnt haben und mittlerweile gern im Wasser sind, bleiben bei anderen Schäden zurück:
“Ich habe immer noch Angst, dass mich jemand unter Wasser drückt und ich nicht mehr hoch komme” oder “Ich bin seitdem nie mehr getaucht.”
Auch ist das Leistungsspektrum der Kinder oft sehr groß. Schauen wir uns eine dritte Klasse an: Einige Kinder waren noch nie im Schwimmbad und konnten bisher noch keine Erfahrungen im Wasser sammeln. Andere tauchen bereits 15 Meter weit und springen vom 3 Meter Brett, bevor sie überhaupt die dritte Klasse erreicht haben.
Über- und Unterforderungen sorgen leicht für Frustration, Langeweile oder Angst bei den Kindern.
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Warum Kinder nicht gerne zum Schulschwimmen gehen
Was sind die am häufigsten genannten Gründe, warum Kinder nicht gerne zum Schwimmunterricht in der Schule gehen?
Dass sie beim Schulschwimmen dazu aufgefordert werden, Dinge zu tun, die sie sich noch nicht zutrauen. Dazu gehören:
- den Kopf unterzutauchen
- tief zu tauchen
- zu springen (auch vom 3 Meter Brett)
- im tiefen Wasser zu schwimmen
Hinzu kommt oft die Scham, sich in Badekleidung zeigen zu müssen oder das Umkleiden in Sammelumkleiden.
Ein Kind hat Angst vor dem Sprung ins Wasser
Das Problem beim Schulschwimmen: hoher Aufwand und wenige Bäder
Der Schwimmunterricht stellt Schulen oft vor große Herausforderungen: er kostet viel Zeit und Geld. Immer mehr Hallen- und Freibäder wurden in den letzten Jahren aus Kostengründen geschlossen. Für etliche Schulen findet sich schlichtweg kein Bad in Reichweite.
Rechnet man die Anfahrt mit dem Bus und Umkleidezeiten ab, bleiben von einer Doppelstunde Sport oft nur noch rund 25 Minuten Wasserzeit übrig.
Die Wartezeiten zwischen den einzelnen Schwimmübungen verkürzen die Zeit nochmals, sodass die aktive Bewegungszeit nur ungefähr 15 Minuten beträgt (3).
Obwohl beim Schulschwimmen mehr Lehrer eingesetzt werden als beim normalen Sportunterricht, sind die Gruppen in der Grundschule immer noch sehr groß.
Das Kultusministerium empfiehlt zwar, dass Sportlehrer speziell auf das Lehren und Lernen im Bewegungsfeld Schwimmen qualifiziert sein müssen (4). In der Realität sieht dies jedoch anders aus.
Häufig wird das Schwimmen fachfremd unterrichtet, da nur wenige Lehrer im Fach Schwimmen ausgebildet sind.
Revolution des Schulschwimmens?
In den Lehrplänen der Länder wird auf die Bedeutung der Schwimmausbildung hingewiesen. Es ist vom Kennenlernen der physikalischen Eigenschaften des Wassers, vielseitigen Spiel- und Experiementierformen, selbständiges Lösen von Bewegungsaufgaben die Rede.
Ein Blick auf das Schulschwimmen einiger Schulen und die Berichte von Familien lassen auf eine andere Realität schließen. Stures Bahnenschwimmen, Druck, Zwang und ein strenger, wenig einfühlsamer Ton sind dort an der Tagesordnung.
Hier ist dringend ein Umdenken erforderlich, damit mehr Kinder sicher Schwimmenlernen, ohne aber die Freude am Wasser zu verlieren.
Denn es gibt moderne Unterrichtskonzepte, ausgebildete, empathische Lehrer, die ein qualifiziertes Schulschwimmen anbieten. Wir brauchen nur noch mehr davon!
An dieser Stelle möchte ich auf das Konzept hinweisen, welches ich für das Schulschwimmen als nachahmenswert halte und welches beachtliche Erfolge erzielte.
Schwimmen macht Schule®, ein Projekt der Bädergesellschaft Düsseldorf unter Leitung von Dr. Lilli Ahrendt. Ziel ist es, Kinder im Schulschwimmen erfolgreich vom Nichtschwimmer zum Schwimmer zu begleiten und zwar mit innerer Bereitschaft und Freude.
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Ich informiere dich rechtzeitig, wenn neue Schwimm- oder Onlinekurse starten. Außerdem profitierst du von meinen exklusiven Frühbucher-Specials und anderen besonderen Angeboten der ROCHENKINDER®!
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Angst vor dem Schulschwimmen vermeiden
“Den Erziehungsberechtigten obliegt eine sehr hohe Mitverantwortung für das Erlernen der Basisqualifikation Schwimmen ihrer Kinder.
Ihre aktive Mitwirkung ist erforderlich, damit Kinder bereits vor Beginn der Schwimmausbildung in der Schule über Vorerfahrungen verfügen und im Anschluss an die schulische Schwimmausbildung ihre Schwimmfähigkeiten weiter vertiefen.” (4)
Wenn du möchtest, dass dein Kind keine Angst vor dem Schulschwimmen bekommt, gib ihm die Möglichkeit, sich frühzeitig mit dem Wasser vertraut zu machen. Geh mit deinem Kind regelmäßig ins Schwimmbad.
Wenn dein Kind bereits vor dem Schulschwimmen Freude im Wasser hat, gerne taucht und springt, wird dein Kind das Schulschwimmen vermutlich ohne großen Schaden absolvieren.
Aber: Schwimmen lernen braucht seine Zeit. Hauruck-Aktionen kurz vor dem Schulschwimmen können unnötigen Druck und Stress aufbauen.
Beim Schulschwimmen kommt es oft zu langen Wartezeiten
Was du tun kannst, damit keine Angst vor dem Schulschwimmen entsteht
- Biete deinem Kind bereits ab dem Kleinkindalter die Möglichkeit, sich mit dem Wasser vertraut zu machen.
- gehe regelmäßig, mindestens einmal in der Woche, in ein Schwimmbad
- biete deinem Kind regelmäßig die Badewanne an, damit sich dein Kind auch daheim mit dem Wasser auseinander setzen kann (welche sinnvollen Spielsachen du deine Kind anbieten kannst, erfährst du hier in meinem Minikurs: Schwimmen lernen beginnt daheim)
- lasse dein Kind mit und im Wasser spielen, damit es die Eigenschaften des Wassers erforschen kann (das sind wichtige Grundlagen für das Schwimmenlernen)
- motiviere dein Kind nicht zu etwas, was es noch nicht von sich aus tut
- Finger weg von Schwimmkursen, bei denen dein Kind Brustschwimmen lernen soll, bevor es mit dem Wasser vertraut ist und gerne den Kopf ins Wasser eintaucht
- du hast selbst Angst im Wasser? Mach dich mit dem Wasser vertraut. Die Chance ist groß, dass du diese Angst an dein Kind weitergibst (Vielleicht hilft dir auch mein Artikel: Die 11 größten Irrtümer über das Schwimmenlernen)
Was kannst du tun, wenn dein Kind bereits Angst vor dem Schulschwimmen hat?
- Finde heraus, was der wahre Grund ist, warum dein Kind Angst hat oder nicht zum Schulschwimmen möchte
- nimm die Gefühle deines Kindes ernst
- bestärke dein Kind darin, nur das zu tun, wozu es bereit ist und wobei es sich sicher fühlt
- suche das Gespräch mit dem Sportlehrer
- kläre, ob es noch eine andere, passendere Gruppe für dein Kind gibt
- gehe regelmäßig, mindestens einmal in der Woche, mit deinem Kind in ein Schwimmbad und lass es im Wasser spielen
- übe mit deinem Kind nicht gezielt die Bereiche, vor denen es Angst hat
- sieh dein Kind und erfreue dich an dem, was es tut und kann (anstatt immerzu zu betonen, was es noch nicht kann)
- bezeichne dein Kind nicht als “schweren Fall” oder “wasserängstlich”
- sollte dein Kind Angst vor dem Tauchen, dem Springen oder dem tiefen Wasser haben, dann lass es häufig in die Badewanne und biete ihm sinnvolle Spielsachen an, damit es sich mit dem Wasser vertraut machen kann (die Ursache für die meisten Ängste im Wasser ist, dass dein Kind sich noch nicht ausreichend an das Wasser gewöhnt hat)
- falls dein Kind partout nicht zum Schwimmunterricht in die Schule gehen will: Erwäge, dein Kind vom Schulschwimmen durch ein ärztliches Attest zu befreien (gehe dann auf jeden Fall weiterhin mindestens einmal in der Woche in ein Schwimmbad)
Zurück zu Anton. Da für Anton die Zeit vor dem Schulschwimmen nicht ausreichte, sich mit dem Wasser vertraut zu machen, suchten seine Eltern schließlich das Gespräch mit der Sportlehrerin.
Sie war sich der Probleme von Anton überhaupt nicht bewusst. Nach dem Gespräch mit den Eltern schaute sie genauer nach den Bedürfnissen der Kinder im Wasser.
Antons jüngere Schwester Lilli kam bereits zwei Jahre früher als Anton in meine Kurse. Als sie in der dritten Klasse schließlich zum Schulschwimmen musste, war die nasse Abwechslung vom Schulalltag jedesmal eine große Freude für sie.
Quellenangabe:
(1) Bundesverband zur Förderung der Schwimmausbildung, https://bfs-schwimmausbildung.de/fileadmin/user_upload/Downloadbereich/20191205_Gemeinsame_Erklaerung_KomSpo-BFS.PDF aufgerufen am 24.09.20
(2) DLRG, 2017 https://www.dlrg.de/fileadmin/user_upload/DLRG.de/Fuer-Mitglieder/AA_DLRG2019/die_dlrg/Presse/Schwimmfaehigkeit/dlrg-presse-forsa-2017.pdf aufgerufen am 24.09.2020
(3) Dr. Lilli Ahrendt “Schwimmen macht Schule®”, 2002
(4) Kultursministerkonferenz 2017 https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2017/2017_05_04-Empf-Schwimmen-in-der-Schule_KMK_DVS_BFS.pdf aufgerufen am 29.09.20